Landrat zum Kreishaushalt 2025: Können gegen den Trend Kreisumlage senken!
Niedrigster Hebesatz der allgemeinen Kreisumlage aller südwestfälischen Kreise
Vor allem vier Gründe sind es, so der Landrat, die es dem Kreis ermöglichen, in diesem äußerst schwierigen Umfeld die Kreisumlage sogar senken zu können. Denn landesweit ist die Tendenz eine andere: Überall steigen die Hebesätze – zum Teil massiv, auch in Südwestfalen.
In schwierigen Zeiten ist der Kreis ein verlässlicher Partner der elf Städte und Gemeinden in Siegen-Wittgenstein“, betonte Landrat Andreas Müller gleich zu Beginn der Vorstellung des Entwurfs des Kreishaushaltes für 2025: „Ich glaube, wir haben hier einen Entwurf vorgelegt, der fast so etwas wie die Quadratur des Kreises schafft – nämlich die Bedürfnisse der Städte und Gemeinden und die des Kreises ziemlich gut unter einen Hut zu bekommen. Und das in Zeiten mit großen Herausforderungen.“
Der Landrat schlägt dem Kreistag vor, den Hebesatz der allgemeinen Kreisumlagen für das kommende Jahr leicht zu senken, von 36,45 Prozent auf 36,3 Prozent. „Das bedeutet, dass unsere elf Städte und Gemeinden auch tatsächlich weniger an den Kreis zahlen werden – annähernd 600.000 Euro. Damit ist Siegen-Wittgenstein eine ganz große Ausnahme. Und wir werden im nächsten Jahr wohl den niedrigsten Hebesatz aller fünf südwestfälischen Kreise haben“, so Müller.
Vor allem vier Gründe sind es, so der Landrat, die es dem Kreis ermöglichen, in diesem äußerst schwierigen Umfeld die Kreisumlage sogar senken zu können. Denn landesweit ist die Tendenz eine andere: Überall steigen die Hebesätze – zum Teil massiv, auch in Südwestfalen: Der Hochsauerlandkreis rechnet mit über 4 Prozentpunkten mehr, der Märkische Kreis plant mit einer Anhebung von deutlich mehr als 4 Prozentpunkten. Im Kreis Soest und im Hochsauerlandkreis werden die Hebesätze bei über 38 Prozent, in Olpe bei über 40 und im Märkischen Kreis bei mehr als 44 Prozent liegen.
BBG schüttet erstmals seit 10 Jahren wieder Millionenbetrag an Kreis aus
Dass der Kreis Siegen-Wittgenstein in diesem Jahr anders handeln kann, ist für den Landrat kein Zufall, sondern das Ergebnis einer Politik des langen Atems. Müller verweist auf vier zentrale Punkte:
Erstens: 2025 ist die Betriebs- und Beteiligungsgesellschaft des Kreises (BBG) erstmals wieder in der Lage, eine Gewinnausschüttung an den Kreis vorzunehmen und damit die Städte und Gemeinden um eine Million Euro zu entlasten. „Das ist kein Zufall“, so Müller. Denn bereits bei Amtsantritt 2014 habe er damit begonnen, bei den kreiseigenen Unternehmen und Beteiligungen umzusteuern: „Die Kreisbahn hatte damals ein Millionen-Defizit und schreibt heute schwarze Zahlen. Die Zuschüsse an den Siegerland Flughafen konnten seither halbiert werden. Die KM:SI GmbH wurde umstrukturiert, was 250.000 Euro pro Jahr einspart. Andere Kreise müssen ihre Kliniken schon seit Jahren mit direkten Zuschüssen in Millionenhöhe unterstützen, wir das Kreisklinikum dagegen nicht. Und auch unsere Kommunale Wohnungsbaugesellschaft KSG steht gut da“, führt der Landrat aus. „Das ist das Ergebnis einer planvollen Politik mit einem langen Atem, die versucht, nachhaltig etwas zu verändern. Dass das nicht von heute auf morgen funktioniert, ist klar. Aber dass sich dieser lange Atem lohnt, sieht man an diesem Kreishaushalt“, betont Andreas Müller.
Zweiter Grund, der die Senkung der Kreisumlage ermöglicht: Neue Berechnungsmethoden für die tatsächlichen Finanzbedarfe, insbesondere im Personalbereich. So wurden neue Stellen in der Vergangenheit vom 1. Januar an im Haushalt finanziell berücksichtigt, obwohl sie in der Praxis oft erst viel später besetzt wurden. Und auch Fluktuationen wurden nicht so berücksichtigt, wie man das aus Sicht des Landrates sollte. Mit Blick auf das Finanzergebnis Ende 2025 werde das aber Folgen haben, so der Landrat: „Ich gehe davon aus, dass der Personaletat viel näher am tatsächlich Bedarf liegt, als das in der Vergangenheit der Fall war. Das wird aber auch bedeuten, dass wir Ende 2025 nicht wie in den vergangenen Jahren wieder mit einem deutlich besseren Ergebnis rechnen können.“
Der dritte Grund für die aktuell günstige Entwicklung liegt in der nach wie vor vorhandenen Ausgleichsrücklage des Kreises: „Mein Vorgänger hatte prognostiziert, dass diese spätestens 2016 aufgebraucht sein würde. Wie Sie alle sehen, ist das nicht so. Neun Jahre später sind immer noch 29 Mio. Euro in der Ausgleichsrücklage enthalten. Ich schlage dem Kreistag eine Neuverschuldung in Höhe von fast 24 Mio. Euro vor, um die Städte und Gemeinden in dieser Höhe zu entlasten.“ Damit würde Ende 2025 noch ein Sockelbetrag von 5 Mio. in der Ausgleichsrücklage verbleiben.
Als Viertes sind Landrat und Kämmerer dem Vorgehen des Kreistages bei der Verabschiedung des Haushalts für das laufende Jahr gefolgt und haben auch für 2025 einen globalen Minderaufwand von einem Prozent veranschlagt. Das heißt, alle Ämter sind gehalten, ein Prozent Ihres Aufwandes im Rahmen der Bewirtschaftung ihrer Budgets einzusparen.
Personalentwicklung
Was für den Landrat besonders bemerkenswert ist: „Wir können die Kreisumlage senken, obwohl ich dem Kreistag vorschlage insgesamt 49,3 zusätzliche Stellen zu schaffen, die wir auch ganz dringend benötigen.“ Darin enthalten sind die Stellen, die die Verwaltung bereits für dieses Jahr zur Schaffung vorgeschlagen hatte, die aber nicht bewilligt worden waren.
Alleine für das Jugendamt plant die Kreisverwaltung 23 neue Stellen ein – hier hatte auch eine Organisationsuntersuchung erhebliche Unterbesetzungen deutlich gemacht. Zudem sind neue Pflichtaufgaben hinzugekommen, die von bereits heute überlasteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht noch zusätzlich übernommen werden können.
Insgesamt sieht sich die Kreisverwaltung in praktisch allen Bereichen mit ständig steigenden Fallzahlen, aber auch mit höheren Standards und neuen zusätzlichen Aufgaben konfrontiert. So führt z.B. die Antragsflut für Windkraftanlagen oder die Erneuerung der öffentlichen Infrastruktur wie der A45 gleich in mehreren Ämtern zu zusätzlichem Personalbedarf.
Im Bereich Brand- und Bevölkerungsschutz, Rettungswesen sind sechs neue Stellen erforderlich: zwei Disponenten, eine für Abrechnungen und Gebührenkalkulationen etc., eine wegen gestiegener Anforderungen im Katastrophenschutz. Für die Aufstellung und Fortschreibung eines Katastrophenschutzplanes ist ebenso eine zusätzliche Stelle erforderlich, wie für die Atemschutzwerkstatt. Hier machte der Landrat deutlich, dass sich die Fallzahlen in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt haben, was eine zusätzliche Stelle unverzichtbar macht.
Auch das veränderte gesellschaftliche Klima führt bei der Kreisverwaltung zu personellem Mehrbedarf. Beispiel: Veterinäramt. „Hier müssen wir auch darauf reagieren, dass Mitarbeiter im Außendienst inzwischen oft angefeindet und bedroht werden. Das ist leider die Realität in 2024. Deshalb werden häufig zwei Sachverständige eingebunden – was einen höheren Personalbedarf bedeutet“, so der Landrat.
Die Regionale Schulberatungsstelle hat gerade ihren 50. Geburtstag gefeiert. Gemäß der aktuell geltenden Vereinbarung stellen Land und Kreis je die gleiche Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Schulberatungsstelle. Aktuell sind es aber sechs Landesbedienstete und nur drei vom Kreis. Auch hier führen steigende Fallzahlen dazu, dass der Kreis aus Sicht der Verwaltung seinen vertraglichen Verpflichtungen zwingend nachkommen muss.
Und weil die Funktionen von Kämmerer und Kreisdirektor nicht mehr in einer Hand liegen, sondern künftig von zwei Person wahrgenommen werden, ist ab Januar auch hier eine zusätzliche Personalstelle erforderlich.
69 Prozent aller Aufwendungen sind Sozialausgaben
Für den neuen Kämmerer Jürgen Heine war es das erste Mal, dass er einen Kreishaushalt aufgestellt und diesen öffentlich erläutert hat: „Unser Aufwandsvolumen liegt 2025 bei über 612 Mio. Euro. Fast 30 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr. Auch im kommenden Jahr sind davon wieder 69 Prozent Sozialausgaben. Also deutlich mehr als Zweidrittel. Der Kreishaushalt war und bleibt auch im kommenden Jahr in erster Linie ein Sozialhaushalt“, so Jürgen Heine. Und der Landrat ergänzte: „Wir sind und bleiben eine Hauptanlaufstelle für soziale Sicherheit in Siegen-Wittgenstein.“
Wesentliche Mehraufwendungen im kommenden Jahr machte der Kreiskämmerer vor allem in drei Bereichen aus: „Für die Landschaftsumlage werden wir 5,6 Mio. Euro zusätzlich aufbringen müssen. Voraussichtlich 106 Millionen Euro überweisen wir dann insgesamt an den Landschaftsverband. Auch der ÖPNV wird teurer: dafür sehen wir 2,1 Mio. Euro zusätzlich vor. Und für die Kreisstraßen sollen 1,1 Mio. Euro zusätzlich veranschlagt werden.“
Bei der differenzierten Kreisumlage schlägt die Verwaltung eine Erhöhung des Hebesatzes vor. „Wir erwarten Mehrausgaben in Höhe von rund 7,8 Mio. Euro. 1,8 Mio. Euro mehr im Bereich der Kindertagesbetreuung, 3,8 Mio. zusätzlich bei Hilfen zur Erziehung, 1,8 Mio. Mehrbedarf bei Hilfen für seelisch Behinderte und rund 600.000 Euro zusätzlich für Aufgaben im Rahmen des Kindschaftsrechts“, führt der Kämmerer aus. In Summe bedeutet das eine Erhöhung der differenzierten Kreisumlage auf 28,73 Prozent.
Investitionen
„In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es umso wichtiger, dass die öffentliche Hand mit Investitionen der Wirtschaft Wachstumsimpulse setzt“, betont der Landrat. Deshalb plant die Kreisverwaltung dafür auch im kommenden Jahr erneut mit einem hohen zweistelligen Millionenbetrag: 86,3 Mio. Euro.
Der Löwenanteil geht mit 63,5 Mio. Euro auch 2025 wieder in den Breitbandausbau. Der zweite große Posten sind die Kreisstraßen: 11 Mio. für die Unterhaltung und für Investitionen sind im Haushaltsplan eingestellt – übrigens zum ersten Mal auch ein erheblicher Betrag für ein Radwegeprojekt entlang einer Kreisstraße.
Die größten Einzelmaßnahmen in diesem Bereich sind:
- K 42 zwischen L553 und Wingeshausen: 1,7 Mio. Euro.
- K 31 der Neubau eines Radweges zwischen Hilchenbach-Grund und Zollposten: 1,1 Mio. Euro.
- K 7 Grunderneuerung zwischen Kaan-Marienborn und Abzweig Volnsberg: 1 Mio. Euro – und
- K 46 Grunderneuerung zwischen Erndtebrück-Balde und der K 48: 750.000 Euro.
900.000 Euro sieht die Verwaltung für den Erwerb von Grundstücken und Gebäuden vor, 4,1 Mio. für den Neubau oder die Sanierung bzw. Erweiterung von sonstigen Kreisgebäuden. Hier geht es primär um den Bau neuer Rettungswachen.
Für die Sanierung der vier Berufskollegs sind 1,28 Mio. Euro vorgesehen, für die Ausstattung der Berufskollegs noch einmal gut 600.000.
Für die Rekultivierung und Nachsorge der kreiseigenen Deponien sind rund 540.000 Euro eingeplant.
Für Ersatzbeschaffungen der Kreisleitstelle hat die Verwaltung etwas mehr als 1 Mio. Euro in den Haushaltsplan eingestellt. Gut die Hälfte davon ist für die Erneuerung der Digitalen Alarmierung vorgesehen.
Für Ausleihen an die Städte und Gemeinden im Rahmen des Gewerbeflächenfonds und des Wohnbauflächenfonds will der Kreis auch im kommenden Jahr wieder jeweils rund 1 Mio. Euro zur Verfügung stellen.
Moderate Stellungnahme der Bürgermeisterkonferenz
„In schwierigen Zeiten ist der Kreis ein verlässlicher Partner der elf Städte und Gemeinden in Siegen-Wittgenstein“, griff der Landrat am Ende der Haushaltspressekonferenz noch einmal seine Bemerkung vom Anfang auf. Weil das aber zu sehr nach Selbstlob klingen könnte, verweist Müller auf die diesjährige Stellungnahme der Bürgermeisterin und der Bürgermeister zum Kreishaushalt.
Die hatten zunächst auf die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verwiesen und dann geschrieben: „Wenn trotz dieser Rahmendaten im ‚Eckwertepapier‘ ein Hebesatz für die allgemeine Kreisumlage von 36,49 Prozent dargestellt wird, so verkennt die Konferenz der Bürgermeisterin und der Bürgermeister nicht die Konsolidierungsanstrengungen sowie auch Anpassungen in der Veranschlagungspolitik, die dahinterstehen.“
„Bei der Aufstellung des Entwurfes für den Kreishaushalt wurden aber auch eine Reihe von Aspekten sowie Forderungen berücksichtigt, die von der Bürgermeisterin und den Bürgermeistern in den vergangenen Jahren reklamiert worden sind. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Aufwuchses bei den Aufwendungen sind der richtige Weg.“
Die Bürgermeisterkonferenz begrüßte in ihrer Stellungnahme zudem den globalen Minderaufwand von einem Prozent und die an den tatsächlichen Aufwand angepasste Veranschlagungspraxis bei den Personalaufwendungen.
„Natürlich gibt es auch einige kritische Fragen und Anmerkungen. Das kann auch gar nicht anders sein“, sagt Andreas Müller. Er stellt aber unter dem Strich fest: „Eine so moderate Stellungnahme der Bürgermeisterin und der Bürgermeister zum Kreishaushalt wie zu unserem Entwurf für 2025 habe ich in den vergangenen 10 Jahren noch nicht erlebt. Und das in wirtschaftlich wirklich anspruchsvollen Zeiten! Ich kann nur feststellen: Wir können mit diesem Haushaltsentwurf nicht so viel falsch gemacht haben. Sonst wäre die Reaktion aus den Kommunen sicher völlig anders ausgefallen.“