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Datum: 15.06.2023

Neue Erkenntnis nach toxikologischem Befund:
Rotmilan wurde mit verbotenen Substanzen vergiftet

Nun ist klar, dass es sich bei dem Fall tatsächlich um eine Straftat handelt, da bei der Obduktion des toten Rotmilans zwei in der EU verbotene Giftstoffe nachgewiesen wurden.

Dramatische Ereignisse haben sich in einem Horst im Vogelschutzgebiet "Wälder und Wiesen bei Burbach und Neunkirchen" abgespielt, als Mitarbeiter der Biologischen Station Siegen-Wittgenstein per Live-Kamera, fast wie in einem Krimi miterlebten, wie ein Rotmilan zu Tode kam und sich letztlich der erste Verdacht einer Vergiftung als Todesursache bestätigte. Nun ist klar, dass es sich bei dem Fall tatsächlich um eine Straftat handelt, da bei der Obduktion des toten Rotmilans zwei in der EU verbotene Giftstoffe nachgewiesen wurden.

Im Rahmen des LIFE-Projekts "Siegerländer Kultur- und Naturlandschaften" hatte die Biologische Station drei potenzielle Horste von Rotmilanen mit Kameras ausgestattet, um das Brutverhalten der Vögel zu überwachen und Interessierten Einblicke in das sonst verborgene Leben der Greifvögel zu ermöglichen. Ein Horst wurde schließlich von einem Brutpaar ausgewählt, und am 7. Mai 2023 konnten die geschlüpften Jungtiere beobachtet werden. Doch nur 10 Tage später endete die Familienidylle abrupt. Das Muttertier lag tot im Nest, der Vater war seit mindestens 28 Stunden nicht mehr aufgezeichnet worden. Es war unklar, ob beide Elternvögel tot im Nest lagen. Um nachzuschauen, ob die Jungtiere noch am Leben waren und um den toten Vogel zu bergen, wurde der Horst mithilfe eines professionellen Baumkletterers überprüft.

Jungtiere wurden zur Aufzucht übergeben 

Die Mitarbeiter der Biologischen Station standen vor einer traurigen Szenerie. Die Mutter lag leblos, verkrampft und mit ausgebreiteten Schwingen im Nest. Die Jungvögel waren am Leben, aber ausgekühlt und in schlechter Verfassung. Da die Eltern nicht zu sehen waren und die nächtlichen Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt lagen, wurden auch die Jungvögel aus dem Nest geholt. Bereits am nächsten Tag zeigte sich eine sichtliche Besserung ihres Zustands. Sie wurden zur Aufzucht und späteren Auswilderung an die Bergische Greifvogelhilfe in Rösrath übergeben. Zumindest für sie endet diese Geschichte mit einem kleinen Happy End – sie entwickeln sich gut und können voraussichtlich im September ausgewildert werden. Dass die beiden Jungtiere eine Zukunft haben, ist dem Einsatz der Mitarbeiter der Biologischen Station und insbesondere den ehrenamtlichen Mitarbeitern der Bergischen Greifvogelhilfe zu verdanken.

Andere Rotmilane und Aasfresser potenziell gefährdet 

Der toxikologische Befund gibt allerdings Grund zur Sorge: Der weibliche Rotmilan wurde mit den Giftstoffen E605 (Parathion) und Diazion vergiftet. Bei beiden Stoffen handelt es sich um Substanzen, die ursprünglich als Insektizide verwendet wurden. Ihr Vertrieb, Erwerb und Besitz in der EU ist jedoch seit 2002 bzw. 2007 verboten. Vermehrt werden die Giftstoffe jedoch gezielt eingesetzt, um ungewünschte Wirbeltiere zu töten. Dies können Krähen, Waschbären oder auch Greifvögel sein. Unabhängig davon, für welches Tier ein Giftköder ausgelegt wird, können auch jegliche anderen Aasfresser durch den Verzehr zu Tode kommen – dies kann auch Haustiere wie Hunde und Katzen betreffen. Bei beiden Giften handelt es sich um Cholinesterasehemmer und damit um Giftstoffe, die eine besonders hohe Toxizität gegenüber Wirbeltieren aufweisen.

Dieser "Kriminalfall" wirft für die Mitarbeiter der Biologischen Station wichtige Fragen auf: Wurde der Rotmilan gezielt vergiftet? Wer setzt diese Art von Gift ein? Die Antworten auf diese Fragen sind von großer Bedeutung für den weiteren Schutz dieser Tiere. Denn der Nachweis der Giftstoffe macht klar, dass zumindest gezielt Köder ausgelegt wurden und dass somit auch andere Rotmilane bzw. alle Aasfresser im Gebiet potenziell gefährdet sind.

Es wurde Anzeige erstattet, um den Vorfall zu untersuchen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen.

Die Biologische Station und alle Beteiligten setzen sich weiterhin engagiert für den Schutz des Rotmilans und anderer gefährdeter Arten ein. Es ist von größter Bedeutung, dass solche Vorfälle aufgedeckt und die Täter zur Verantwortung gezogen werden, um den Schutz dieser wertvollen Vogelart zu gewährleisten. Die Biologische Station bittet um Mitteilung bei Auffindung von Ködern und/oder toten Greif- und Krähenvögel sowie Eulen, insbesondere im Raum Burbach.