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Datum: 23.08.2024

Landrat schlägt Stärkung der Hilfsangebote für Opfer sexualisierter Gewalt vor 

Jugendhilfeausschuss berät am 27. August, Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Bevölkerungsschutz am 28. August

Landrat Andreas Müller hat jetzt zwei Vorschläge zur Verbesserung der Unterstützung für Opfer von sexualisierter Gewalt im Kreis Siegen-Wittgenstein öffentlich vorgestellt. Die Maßnahmen sollen die dringend benötigte Hilfe für Betroffene vor dem Hintergrund stark steigender Opferzahlen auch künftig sicherstellen. Zudem hat der Landrat auf Defizite in der Angebotsstruktur aufmerksam gemacht.

Zum einen schlägt der Landrat die Erhöhung der finanziellen Förderung des Kreises für die Frauenberatungsstelle und die Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt des Vereins „Frauen helfen Frauen e.V.“ vor. „Beide sind unverzichtbare Anlaufstellen für Frauen im Kreis Siegen-Wittgenstein, die sexualisierte Gewalt erfahren haben“, so der Landrat. Aufgrund der angespannten finanziellen Situation der Einrichtungen könnte es jedoch dazu kommen, dass Angebote oder Teile davon nicht aufrechterhalten werden können. Müller schlägt deshalb vor, die finanzielle Förderung ab dem Haushaltsjahr 2025 um rund 22.000 Euro auf knapp 49.000 Euro zu erhöhen. „Diese Anpassung gleicht die tariflichen Lohnerhöhungen seit Förderbeginn im Jahr 2002 aus und ist unerlässlich, um den Fortbestand dieser wichtigen Angebote zu sichern“, betont der Landrat.

Zum zweiten möchte Müller es der Ärztlichen Beratungsstelle der DRK-Kinderklinik ermöglichen, eine zusätzliche halbe Stelle einzurichten. Die Fallzahlen in der ärztlichen Beratungsstelle haben sich in den letzten Jahren dramatisch erhöht. Um die Versorgungssituation zu stabilisieren und die dringend benötigte Unterstützung für betroffene Kinder und Jugendliche weiterhin in vollem Umfang bereitstellen zu können, schlägt Müller diese zusätzliche halbe Stelle vor. Die Kosten würden zwischen dem Kreis Siegen-Wittgenstein und der Stadt Siegen hälftig aufgeteilt. Auf den Kreis entfielen inkl. Sachkostenanteil jährlich 25.000 Euro.

In einem gemeinsamen Pressegespräch mit den Anbietern der Hilfs-, Unterstützungs- bzw. Präventionsangebote erläuterte der Landrat die aktuelle Situation: Die bundesweit steigenden Zahlen von Sexualdelikten, insbesondere gegen Kinder und Jugendliche, sind aus seiner Sicht besorgniserregend. In den letzten fünf Jahren sind die Fallzahlen in Nordrhein-Westfalen um 77 Prozent gestiegen und befinden sich auf einem erschreckend hohen Niveau. „Diese Zahlen stehen für das Leiden vieler Kinder und Familien, die unsere Unterstützung brauchen“, betonte Andreas Müller.

Im Kreis Siegen-Wittgenstein existiert ein breites Netzwerk an Hilfsangeboten, das durch den „Runden Tisch gegen Gewalt“ und den „Arbeitskreis sexuelle Gewalt“ gestützt wird. Diese Netzwerke bündeln Kompetenzen und Ressourcen, um den Betroffenen umfassend zu helfen. „Dennoch gibt es Defizite, die dringend behoben werden müssen, insbesondere fehlen Angebote für Jungen und Männer, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind“, unterstrich Müller. Er verwies darauf, dass der Verein VAKS gerade eine Konzeption für eine Fachberatungsstelle zum Thema sexualisierte Gewalt an Jungen und männlichen Jugendlichen erarbeitet. 2019 lag in Siegen-Wittgenstein der Anteil männlicher Opfern von Sexualdelikten über alle Altersgruppen hinweg bei 5,3 Prozent (9 Personen), im Jahr 2023 dagegen schon bei 19,1 Prozent (51 Betroffene). Als Opfer von sexueller Gewalt sind Jungen aber nahezu unsichtbar.

„Die stark gestiegenen Fallzahlen über alle Delikte sexueller Gewalt hinweg führen zu einer Überlastung der Beratungsstellen, was bedeutet, dass Betroffene oft nicht zeitnah die notwendige Unterstützung erhalten können. Dies ist besonders problematisch, da es für die Bereitschaft, sich helfen zu lassen, oft nur ein kleines Zeitfenster gibt“, so der Landrat.

Müller betonte, dass die Bekämpfung sexualisierter Gewalt und die Unterstützung der Betroffenen Aufgaben sind, die nur gemeinsam bewältigt werden können. Er hoffe, dass auch die Fraktionen im Kreistag dies so sehen und die vorgeschlagenen Maßnahmen unterstützen, um den Betroffenen die Hilfe anzubieten, die sie benötigen und verdienen.

Der Jugendhilfeausschuss des Kreises wird sich am 27. August mit der Vorlage zur Ärztlichen Beratungsstelle an der DRK-Kinderklinik befassen. Am Tag darauf steht die Vorlage zur Frauenberatungsstelle auf der Tagesordnung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Bevölkerungsschutz.