Der oder das Radiergummi?
Sommerferiensprachkurs des Kreises geht zu Ende
„Es heißt die Mauer!“ ruft die Gruppe. „Ja das stimmt“, sagt der Lehrer. Dann holt er einen Gegenstand aus seiner Tasche: ein Radiergummi. „Das Radiergummi!“ ruft Masum. „Nein, Nein“, sagt Debesay kopfschüttelnd, „Es heißt der Radiergummi.“ Tatsächlich haben beide Recht. Das Radiergummi war eine Falle des Lehrers. Das Artikelraten war eine von sechs Stationen der Schnitzeljagd, die die Lehrerinnen und Lehrer jetzt zum Abschluss der Sommerferiensprachkurse für ihre Schülerinnen und Schüler veranstaltet haben.
Seit 8 Jahren organisiert das Kommunale Integrationszentrum (KI) des Kreises Siegen-Wittgenstein die Sommerferiensprachkurse, um die Deutschkenntnisse junger Menschen zu verbessern. Insgesamt 96 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene nahmen in diesem Jahr teil. Die Schülerinnen und Schüler kommen aus verschiedenen Regionen der Welt. Die meisten aus der Ukraine, aber auch aus Eritrea, Syrien und Bangladesch waren Kinder dabei. Einige sind erst seit drei Wochen in Deutschland, andere schon ein paar Jahre.
Die Schnitzeljagd war eine Abschlussübung, bei der alle Inhalte des zweiwöchigen Kurses wiederholt wurden. „Wir haben die Gruppen bei der Schnitzeljagd so eingeteilt, dass verschiedene Sprachniveaus zusammenkommen. So können sich die Teammitglieder gegenseitig unterstützen“, sagt Alexandru Buta, einer der Lehrer. Insgesamt unterrichteten sechs Lehrerinnen und Lehrer die Ferienschüler. Neben dem Artikelraten waren ein Sprachquiz, Länder und Hauptstädte zuordnen, Papierboot falten, ein Video beim Bäcker und das Abschlussfoto Teil der Schnitzeljagd.
Masum, Debesay und ihre Gruppe schlagen sich gut. Bei der nächsten Station schauen sie sich auf Deutsch ein Video an, das erklärt, wie man ein Papierboot faltet. Das müssen sie dann nachmachen. Obwohl die Schnitzeljagd kein Wettbewerb ist, arbeiten alle sehr schnell. „Schneiden, schneiden!“, ruft Masum und hält den anderen die Schere hin. Sein Deutsch ist gut, obwohl der 17-Jährige erst seit elf Monaten in Deutschland ist; geboren ist er in Bangladesch. „Ich lerne auch sehr viel zu Hause und habe dann Spaß dabei, das Gelernte anzuwenden“, sagt er. Auch Debesay spricht gutes Deutsch. Der 22-Jährige aus Eritrea ist schon seit drei Jahren in Deutschland. Mit den Feriensprachkursen möchte er seine Deutschkenntnisse nochmal auffrischen.
Das Papierboot der Gruppe kann sich sehen lassen. Bei der nächsten Station muss die Gruppe dann ein Video drehen, in dem sie ein Verkaufsgespräch in einer Bäckerei nachstellen. Einer spielt den Bäcker, ein anderer den Kunden. Hierbei wird viel gelacht. „Der Spaß soll bei der Schnitzeljagd natürlich im Vordergrund stehen. Aber einige der Schülerinnen und Schülern verfolgen auch klare Ziele. Sie wollen studieren, oder eine Ausbildung in Deutschland machen. Das motiviert sie“, sagt Katharina Subat. Die 39-Jährige leitet ebenfalls einen der Feriensprachkurse als Lehrerin.
Die Lehrerinnen und Lehrer sind beruflich fast alle aus dem Bildungsbereich. So auch Alexandru Buta, der im Master Deutsch und Sozialwissenschaften auf Lehramt studiert: „Ich möchte als Lehrer später an einer Brennpunktschule unterrichten. Mein Wunsch ist es, Kindern die es schwer haben, eine faire Chance zu geben“, erzählt er. Die Feriensprachkurse sind für ihn deshalb eine Herzensangelegenheit.
Die Schnitzeljagd ist der vorletzte Tag der Feriensprachkurse. Am letzten Tag gehen, nach einer Abschlussbesprechung, alle zusammen in Siegen ein Eis essen. Und danach sind die Feriensprachkurse, nach zehn spannenden Tagen, vorüber. Katharina Bubat ist darüber ein bisschen traurig: „Zehn Tage sind eigentlich zu kurz, um alle richtig kennenzulernen. Meine Klasse ist mir schon ein bisschen ans Herz gewachsen.“ Doch in den letzten Jahren sollen in den Kursen auch immer mal wieder längere Freundschaften entstanden sein. Und vielleicht sehen sich die einen oder anderen im nächsten Jahr wieder, bei der 9. Ausgabe der Sommerferiensprachkurse des Kreises Siegen-Wittgenstein.