GPA-Bericht für Kreis vorgestellt:
„Stabile Kreisfinanzen sicher durch die Zeit der Vielfachkrisen bringen.“
Die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen (gpaNRW) hat den Kreis Siegen-Wittgenstein im Rahmen der aktuellen überörtlichen Prüfung in den Blick genommen. Das Prüfungsteam ging im Rahmen seiner Arbeit insbesondere der Frage nach, ob der Kreis sachgerecht, rechtmäßig und wirtschaftlich verwaltet wird.
Die wesentlichen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen wurden nun in der Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses durch Projektleiter Frank Breidenbach, die gpa-Prüfenden Thomas Malek und Sabine Pawlak vorgestellt. Im Fokus der Prüfung standen die Themenbereiche Finanzen, Tax Compliance Management System, Informationstechnik, Hilfe zur Erziehung, Hilfe zur Pflege, Bauaufsicht, Vergabewesen sowie Verkehrsflächen.
Finanzen
„Der Kreis Siegen-Wittgenstein hat seine Haushaltssituation seit unserer letzten Prüfung verbessert. Vier von sieben Haushaltsjahre schlossen mit einem positiven Ergebnis ab. Hierdurch konnte das Eigenkapital weiter gestärkt werden. Es ist höher als in 75 Prozent der anderen Kreise. Dennoch ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation der kreisangehörigen Kommunen, wovon 2022 noch drei Kommunen in der Haushaltssicherung waren, Handlungsbedarf“, analysiert gpa-Prüfer Thomas Malek die Situation der Kreisfinanzen. Die Haushaltssteuerung des Kreises ist laut gpaNRW gut. Belege hierfür sind die frühzeitige Erstellung der Jahresabschlüsse und der unterjährige Budgetbericht. Das Fördermittelmanagement sollte der Kreis über eine zentrale Datenbank noch besser steuern, so die Prüfer.
Compliance Management System
Das Themenfeld Tax Compliance Management System (TCMS), welches der Überwachung und Steuerung von Steuerrisiken dient, ist erstmals Teil der Prüfung. Im ersten Quartal 2023 wird der Kreis die TCMS-Einführung abschließen. Nun gilt es die Arbeitsprozesse schriftlich festzulegen und ein Schulungskonzept für die Beschäftigten aufzubauen, so die gpaNRW.
Informationstechnik
Die Digitalisierung ändert die Art und Weise, wie Verwaltungen mit den Bürgerinnen und Bürgern interagieren. Dieser Transformationsprozess ist von hoher Bedeutung und beschleunigt sich. Der Kreis Siegen-Wittgenstein verfügt über eine verwaltungsübergreifende Strategie für die zielgerichtete Digitalisierung. Die gpaNRW begrüßt dies und hebt hervor, dass der Kreis wesentliche rechtliche Anforderungen für die digitale Verwaltungsarbeit erfüllt. „Die Online-Angebote sukzessive weiter auszubauen, die IT-Kosten immer wieder kritisch zu hinterfragen und eine verbindliche Strategie für das Prozessmanagement zu erarbeiten“, benennt gpa-Projektlei-ter Frank Breidenbach drei Handlungsempfehlungen.
Hilfe zur Erziehung
Das Handlungsfeld Hilfe zur Erziehung ist von großer Relevanz für die Kreisfinanzen. Der Kreis verfügt über eine engmaschige Präventionsarbeit sowie ein Qualitätshandbuch mit verbindlichen Verfahrensschritten. Ein Sozialmonitoring ist geplant. „Allerdings weist der Kreis Siegen-Wittgenstein einen überdurchschnittlich hohen Fehlbetrag für die Hilfe zur Erziehung je Einwohner von 0 bis unter 21 Jahren aus. Der Fehlbetrag wird durch eine hohe Falldichte verbunden mit hohen Aufwendungen für die erzieherischen Hilfen negativ beeinflusst“, erläutert Frank Breidenbach. Das Jugendamt plant bereits die Ausweitung des Fachcontrollings, was von der gpaNRW begrüßt wird. Das Prüfteam empfiehlt zur gezielten Fallsteuerung Obergrenzen für Fachleistungsstunden zu definieren und Laufzeitenbegrenzungen festzulegen.
Hilfe zur Pflege
Die Hilfe zur Pflege stellt auch im Kreis Siegen-Wittgenstein eine erhebliche Belastung für das Finanzbudget dar. Die Entwicklungen sind durch grundlegende gesetzliche Änderungen, dem demografischen Wandel und zunehmenden Fachkräftemangel gekennzeichnet. „Die örtliche Pflegeplanung ist ein wichtiges Steuerungsinstrument. Hierbei wendet der Kreis den Grundsatz ‚ambulant vor stationär‘ konsequent an. Außerdem verfügt der Kreis über gute Grundlagen, das Finanz- und Fachcontrolling zu vertiefen“, beschreibt Frank Breidenbach. Der Kreis ist daneben sehr konsequent bei der Geltendmachung von privatrechtlichen Ansprüchen und erzielt hier überdurchschnittliche Werte.
Bauaufsicht
„Die Bauaufsicht arbeitet rechtssicher. Die gesetzlichen Fristen werden eingehalten. Bereits im August 2022 konnte die Bauverwaltung ein erstes Bauantragsverfahren vollständig digital durchführen“, lobt gpa-Prüferin Sabine Pawlak. Die Leistungsfähigkeit der Bauaufsicht drückt sich auch in einer hohen Anzahl an Bescheiden je Vollzeitstelle aus. Der Fachkräftemangel wirkt sich auch in der Bauverwaltung aus. Das Nachbesetzen von vakanten Stellen gestaltet sich schwierig. Der Personalbedarf sollte vom Kreis mittels Stellenbemessungsverfahren regelmäßig evaluiert werden, so die gpaNRW.
Vergabewesen
Eine sehr gute Bewertung erhält das Vergabewesen von der Landesbehörde. „Der zentrale Vergabeservice bündelt das Fachwissen und sorgt für einheitliche Verfahren. Auch die Verknüpfung zur örtlichen Rechnungsprüfung ist gut“, lobt Sabine Pawlak. Stichprobenartig wurden Vergabemaßnahmen einer Prüfung unterzogen. Dabei bestätigte sich das rechtsichere Handeln des Kreises. Bei der Dokumentation von Vergaben bestehen noch Optimierungspotenziale.
Verkehrsflächen
Für das Verkehrsflächenmanagement hat der Kreis Siegen-Wittgenstein strategische und operative Ziele formuliert. „Auch dadurch ist es dem Kreis gelungen, den abschreibungsbedingten Werteverzehr zu stoppen und eine Trendumkehr vorzunehmen. Tatsächlich steigt der Bilanzwert seit 2017 kontinuierlich an. Bei den Unterhaltungsaufwendungen liegt der Kreis über dem empfohlenen Richtwert“, informiert Frank Breidenbach über die Prüfungsergebnisse. Konkrete und messbare Qualitäts- und Quantitätsstandards sollte der Kreis festlegen und daneben eine eigene Straßendatenbank anschaffen, um dadurch die Erhaltung der Kreisstraßen zielgerichteter steuern zu können.
Stellungnahme von Landrat Andreas Müller
Landrat Andreas Müller erklärt abschließend zu den Ergebnissen der gpaNRW: „Ein GPA-Bericht ist für eine Verwaltung immer ein wenig wie ein Zeugnistag. Man hat zwar ein Gefühl dafür, wie man aufgestellt ist, aber die systematische Bewertung von außen ist dann doch noch einmal etwas Anderes. Deshalb freue ich mich sehr, dass die gpaNRW unter anderem zu den Ergebnissen gekommen ist, dass die Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein über stabile Kreisfinanzen verfügt und gute Organisationsstrukturen hat, unsere Bauaufsicht besonders leistungsfähig ist, der Vergabeservice eine sehr gute Bewertung erhält oder sich der Zustand unserer Kreisstraßen stetig verbessert und damit der Wert kontinuierlich zunimmt. Das alles ist kein Zufall, sondern Ergebnis einer Politik, bei der ich z.B. seit 2014 beim Kreistag mit Erfolg dafür geworben habe, die Mittel für unsere Kreisstraßen massiv zu erhöhen. Und dass sich unsere Haushaltssituation seit der letzten GPA-Prüfung insgesamt verbessert hat, ist ebenfalls ein großes Lob in sehr schwierigen Zeiten. Dieses Lob gilt aus meiner Sicht allen über 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung, die ganz entscheidend dazu beitragen, dass unsere Arbeit in den kritischen Augen der Prüfer so gut abschneidet.“
Info zur gpaNRW
Die gpaNRW ist Teil der staatlichen Aufsicht des Landes über die Kommunen und wurde im Jahr 2003 gegründet. Sie hat ihren Sitz in Herne. Ihr ist durch Gesetz und Gemeindeordnung die überörtliche Prüfung aller 396 Kommunen, der 30 Kreise sowie der Städteregion Aachen, der beiden Landschaftsverbände und des Regionalverbandes Ruhr (RVR) übertragen. Seit September 2022 leitet Simone Kaspar (Stellvertreterin des Präsidenten) die Landesbehörde.
Die gpaNRW veröffentlicht ihre Prüfberichte auf ihrer Homepage unter www.gpa.nrw.de.