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20 bedeutende Persönlichkeiten aus Siegen-Wittgenstein
Folge 8: "Walter Krämer", Politiker (1892 - 1942)

Walter Krämer wurde am 21. Juni 1892 in Siegen geboren. Er war von Beruf Schlosser und ab 1910 freiwilliger Soldat bei der kaiserlichen Marine. Ende des Ersten Weltkriegs wurde er wegen eines Einbruchs in ein Lebensmitteldepot der Offiziere, später wegen seiner Beteiligung an den Aufständen revolutionärer Matrosen in Kiel inhaftiert. Befreit durch die Novemberrevolution, kehrte Krämer 1918 nach Siegen zurück, wo er sich im Arbeiter- und Soldatenrat engagierte. Er schloss sich der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) an und nahm im März 1920 an den Kämpfen in der Folge des Kapp-Putsches auf der Seite der Roten Ruhrarmee teil, in der er als Abschnittskommandeur tätig war. Ende 1920 trat er der KPD bei, ab 1932 wurde er deren Organisationssekretär im Unterbezirk Siegen. Ab 1925 vertrat er die KPD in der Stadtverordnetenversammlung. Er arbeitete als Unterbezirks- bzw. Bezirkssekretär in Krefeld, Wuppertal, Kassel und Hannover.

Die politische Lage im Siegerland

1932/33 war Krämer Mitglied des Preußischen Landtags. Damit war er neben Fritz Fränken (KPD) und Fritz Fries (SPD) einer von drei Weimarer Landtagsabgeordneten der politischen Linken, die im Siegerland tätig waren.
Die Region war eine Hochburg der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), die in der Region als christlich-soziale „Stoecker-Bewegung“ eine lange antisemitisch-protestantische Tradition hatte. Ihr nachfolgend war die NSDAP bereits 1930 im nahezu rein protestantischen Wittgenstein mit einem Drittel der Stimmen stärkste Partei und im Siegerland mit bis zu einem Drittel der Stimmen in den protestantischen Gemeinden hinter dem antisemitisch-christlichen EVD zweitstärkste Partei (Reich: 18,3 %). Politische und kulturelle Gegenkräfte – Katholiken, Sozialdemokraten, Kommunisten, Liberale – waren von marginaler Bedeutung.

Bei einem Angriff nationalsozialistischer Abgeordneter auf Mitglieder der KPD-Fraktion im Mai 1932 wurde Krämer ernsthaft verletzt. Krämer war Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG).

Nach dem Reichstagsbrand 1933 wurde Krämer verhaftet und wegen Hochverrats zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Mit dem Haftende wurde er von der Gestapo erneut festgenommen und 1937 im Konzentrationslager Lichtenburg und im August 1937 im KZ Buchenwald inhaftiert.
Krämer wurde durch die im Lageruntergrund agierende KPD Kapo des Häftlingskrankenbaus. „Insbesondere durch die Initiative des kommunistischen Landtagsabgeordneten Walter Krämer änderten sich die Verhältnisse im Krankenbau grundlegend", heißt es in einem Bericht über das KZ Buchenwald, „von diesem Zeitpunkt ab wurde der Krankenbau zu einem Hauptstützpunkt des Kampfes gegen die SS sowie zu einer Oase zur Sicherheit der gefährdeten Häftlinge.“

Krämer rettet viele Leben im KZ Buchenwald

Walter Krämer eignete sich medizinische Kenntnisse im Selbststudium an, organisierte die Krankenversorgung und führte auch selbst Operationen durch, um zum Beispiel durch Misshandlungen der SS verletzten oder von erfrorenen Gliedmaßen betroffenen Mithäftlingen das Leben zu retten. Er galt als „ein sehr vorzüglicher Wundbehandler und Operateur“. Er weigerte sich, über sowjetische Kriegsgefangene das Todesurteil „Tbc-krank“ zu verhängen. Im Frühjahr 1940 erreichte er die Schließung eines Sonderlagers für meist staatenlose Juden aus Wien und den besetzten Ostgebieten mit dem Hinweis auf Seuchengefahr auch für die SS und die umliegenden Dörfer.

Anfang November 1941 wurde Krämer zusammen mit seinem Stellvertreter Karl Peix zunächst im „Bunker“ des Lagers inhaftiert, um dann in das Außenkommando Goslar überstellt zu werden. In einem Steinbruch bei Hahndorf wurden beide auf Anweisung des Lagerkommandanten Karl Otto Koch am 6. November von der SS „auf der Flucht erschossen“. Zum Mordmotiv gibt es unterschiedliche Annahmen. Krämer stand für die illegalen Strukturen der politischen Häftlinge im Lager, die der SS nicht ganz verborgen geblieben waren. Die Lager-Gestapo hatte bei ihm vermerkt „Darf nicht entlassen werden!“ Krämer hatte ein großes Wissen über Verstöße von SS-Angehörigen gegen dienstliche Verpflichtungen und er wusste von der Korruptheit des Lagerkommandanten.

Seine Witwe Elisabeth „Liesel“ Krämer, geb. Lehmann, erhielt von der KZ-Verwaltung eine Urne mit seiner Asche, die 1941 in Siegen beigesetzt wurde

Quelle: Wikipedia